Mieke wurde nur 13 Tage alt

Mieke wurde nur 13 Tage alt

So viele Tage sind bisher vergangen. Um genau zu sein 153 Tage seit ihrer Geburt und 140 Tage seit ihrem Tod.  (So schrieb uns Miekes Mama vor einigen Wochen)

Heute wäre Mieke 5 Monate alt, doch leider ist sie nur 13 Tage alt geworden.

Geboren am 20.05.2021 um 22:14 Uhr in Hamburg Barmbek.

Ich finde sehr schwer die richtigen Worte für das was geschehen ist. Es steckt tief in mir, das Gefühl der Trauer und Verzweiflung. Eine Achterbahn der Gefühle, die jedes Mal aufs Neue startet, wenn der nächste Trauerschub kommt. Nur mit neuen freigelegten Erinnerungen, die ich ausgeblendet habe.

Mieke ist unser erstes Kind. Sie war und ist unser Wunschkind. Unsere Liebe zu ihr ist ungebrochen und unendlich.

Die Schwangerschaft war die ersten 3 Monate voller Angst.

Ich hatte eine Blutung als ich auf dem Parkplatz meiner Firma angekommen war. Beim Frauenarzt war alles in Ordnung und er konnte nicht sagen woher die Blutung kam. Die darauffolgende Nacht hatte ich wieder eine Blutung. Aber auch diese schaffte unsere kleine Maus. Die nächsten Wochen musste ich Medikamente nehmen um die Schwangerschaft zu halten und seitdem lief alles gut. Ich war hier und da mal Müde und hab nicht alles im Haushalt geschafft wie früher. Denke das geht wohl vielen so. Von der Arbeit war ich auch Corona bedingt ins Beschäftigungsverbot geschickt worden.

Die Tage vor ihrer Geburt ging es mir nicht so gut. Die kleinste Arbeit hat mich sehr ermüdet und ich war fix und fertig. Musste mich oft hinsetzten und ausruhen. Aber ich habe mir nichts Schlimmes dabei gedacht.

Am 20.5.2021 bin ich mit Bauchschmerzen aufgewacht. Wir haben gefrühstückt und ich habe mich auf Sofa geschmissen und dachte das geht vorbei. Aber zu den Bauchschmerzen kamen leichte Bauchkrämpfe dazu.

Ich habe mit meiner Mutter gesprochen und die war der gleichen Meinung wie ich einmal beim Frauenarzt anzurufen. Dieser hatte aber an diesem Tag nur OP-Termine und keine Zeit für mich, ich sollte ins Krankenhaus fahren.

Diesen Tag hatte ich mir wirklich anders vorgestellt als wie er kam.

Wir sind nach Stade ins Krankenhaus gefahren. Auf dem Weg dahin hatte ich regelmäßig Krämpfe und auch in der Wartezeit im Krankenhaus.

Als ich dann dran war, wurde erst mal nach Mieke gesehen per Ultraschall. Mit ihr war alles in Ordnung, sie bewegte sich und machte einen guten Eindruck. Ich war wirklich erleichtert. Denn heute waren wir grade in die 24 SSW+0 gekommen.

Es sollte noch ein Abstrich gemacht werden, dazu musste ich auf den Gymstuhl. Die Ärztin schaute und holte noch eine zweite Ärztin dazu. Diese sagte mir, dass die

Fruchtblase zu sehen war und mein Muttermund 2cm auf wäre. Verdacht auf Blasensprung und irgendwie auch nicht. Ich hätte Wehen und mein Kind kommt:

Ich war in Panik und vor allem ganz alleine. Miekes Papa musste draußen vor dem Krankenhaus warten und durfte nicht mit rein.

Ab sofort durfte ich nicht mehr aufstehen. Ich wurde mit dem Rollstuhl in den Kreißsaal geschoben. Draußen fing es an zu Regnen und ich an zu weinen. Das war einfach zu viel für mich gewesen. Herztöne wurden überwacht und mir Wehen Hemmer verabreicht. Eine Spritze für die Lungenreife. Ich habe meiner Mutter Bescheid gesagt und meinen Freund.

Da lag ich nun. Allein und überfordert. Eine Schwester überbrachte mir nun die Nachricht, dass ich verlegt werden musste. Nach Hamburg. Ich wurde für den Transport fertig gemacht und mein Schatz und ich hatten gefühlt 1 Minute Zeit um zu reden, draußen beim Rettungswagen.

Er war sicher genauso verloren, wie ich in dem Augenblick. Die Fahrt betrug circa 1 Stunde, mit Blaulicht und Martinshorn.

In Hamburg angekommen wurde ich wieder an Wehen Hemmer angeschlossen. Im Krankenwagen war es eher ein To Go Adapter. Miekes Papa war auf dem Weg ins Krankenhaus und ich hatte eine ganze Zeitlang keine Schmerzen. Papiere für Kaiserschnitt wurden schon unterschrieben, für den Fall der Fälle.

Um 20 Uhr begann meine Wehen Tätigkeit von vorn. Die Abstände waren circa alle 15-20 Minuten und wir telefonierten mit meiner Mutter. Da habe ich echt begriffen, dass Wehen echte Arschlöcher waren. Man kann nichts dagegen tun. Ich habe meine Mutter damals ausgelacht, weil sie so rumgeschrien hat. Das werde ich nicht wieder tun.

Ich durfte auf die Toilette gehen und da sah ich das ich Blutungen hatte. Eine Schwester die noch anwesend war, sah das und holte die Ärztin.

Diese sagte uns das ich jetzt in den OP müsste. Mieke müsste jetzt geholt werden. Wir fingen an zu weinen und waren einfach nur total überfordert. Wenn ich darüberschreibe, fühle ich diese Situation und ich muss mich echt zusammen reißen nicht zu weinen.

Als ich im OP war, wurde mir eine Spritze für die PDA gesetzt. Diese Angst und Panik werde ich nicht vergessen. So viele Menschen um mich rum und alle sprechen mir gut zu. Aber nichts an dieser Situation hätte mich trösten können. Die Spritze wirkte echt schnell und ich spürte nur wie sie an mir zerrten. Das Fruchtwasser roch auch nicht mehr gut. Und dann war er da dieser Augenblick, der für alle der schönste Moment im Leben ist. Mieke war da und jaulte bereits rum. Ich hörte ihre zarte Stimme und mir wurde klar, dass wir jetzt Eltern waren. Mama und Papa.

16 Wochen zu früh. Aber sie konnte bereits alleine atmen, brauchte nur eine Unterstützung.

Unsere Tochter wurde bereits erwartet und gleich weiter gereicht. Ich wurde genäht und versorgt. Innerlich wusste ich, dass es ihr gut geht. Ihr Papa hat sich Sorgen gemacht, weil es sehr lange gedauert hatte bis wir sie sehen konnten.

Mit Bett wurde ich auf die Neointensivstation gefahren. Unsere Tochter war 32cm groß und 630g schwer. Ich bekam sie auf die Brust gelegt und fühlte ihre Wärme und ihren Herzschlag. Das war einfach das schönste was ich bisher je erlebt habe.

Eine Woche war ich im Krankenhaus. Mein einziger Weg war von Station zur Neointensivstation und zurück. Milch abpumpen und hinbringen, kuscheln und ihr einfach nur beim Schlafen zusehen oder mit ihr reden. Das Krankenhaus habe ich zuerst ein paar Tage danach von draußen gesehen. Mieke hatte ein paar Tage nach ihrer Geburt eine einseitige Hirnblutung. Folgen unbekannt.

Am 26.05.2021 hat uns unsere Tochter etwas geschenkt, was wir nie vergessen werden. Ein Lächeln, fest gehalten auf Video. Ihre Augen sind nicht ganz auf, aber geöffnet.

Das erste Mal habe ich geweint, weil wir ohne Mieke das Krankenhaus verlassen haben. Für eine Nacht bin ich nach Hause.

Mir wurde ein Appartement von der Krankenkasse bezahlt. Ein Weg wäre sonst circa 2 Stunden hin gewesen. Ich habe mich schwer getan mit dieser Situation. Ich war in Hamburg, mein Schatz zuhause bei meinem Kater.

Wir waren Eltern eines extremen Frühchens geworden. Das musste ich erst mal richtig verdauen und begreifen. Diese Situation war nicht leicht gewesen.

Ich hatte mich an diese Situation gewöhnt. Hatte einen Tagesrhythmus aufgebaut. Am 1.06.2021 bemerkte ich das meine Tochter kälter war als sonst, obwohl ihre Temperatur normal war. Die Schwester sagte das auf jeden Fall. Sie lag auf meiner Brust und genoss die Liebe die ich ihr gab. Ich verlies das Krankenhaus circa 21 Uhr.

Ich lag im Bett und telefonierte mit ihrem Papa. Es war kurz vor Mitternacht. Ein Anruf aus Hamburg ploppte auf und ich war etwas verwundert, wer mich jetzt anrief.

Der Arzt teilte mir mit das Mieke krank sei. Sie sei stabil und sie würde Antibiotika bekommen, er würde sich melden, wenn es sich verschlechtert.

Nach so einem Anruf kann man ja nicht mehr schlafen, also bin ich mitten in der Nacht dorthin. Als ich meine Tochter sah, brach es mir das Herz. Ein aufgeblähter Bauch und sie wurde jetzt richtig beatmet. Ich habe dann mit dem Arzt gesprochen

und mich erstmal zu ihr gesetzt.

Innerlich wusste ich das es nicht nur krank war, das war etwas sehr Ernstes. Sie war sogar sehr krank.

Später wurde noch ein Röntgenbild gemacht und von da an war es nur ein funktionieren meinerseits. Die Situation war angespannt. Ihre Werte fielen und waren ab und zu länger nicht messbar. Der Arzt ruft die Oberärztin an. Von da an waren es zwei Ärzte und eine Schwester.

Die Situation habe ich schnell erkannt, etwas stimmte nicht. Habe gesagt ich müsste mal eben telefonieren und würde gleich wieder kommen. Ich könnte da bleiben meinte die Ärztin. Da wusste ich es. Es waren nicht viele Worte nötig um zu erklären das es grade um Leben und Tod ging.

Miekes Papa am Telefon auf laut gestellt und den Finger meiner Tochter an meinem Finger. Ich habe sie schon fast angeschrieben, sie solle atmen.

Ihre Werte fielen weiter und manchmal stiegen sie. Ich habe mit ihr ununterbrochen gesprochen, habe einfach nur funktioniert. Dann stieg ihr Herzschlag nochmal auf 140. Ich sehe es bildlich vor mir, ihre Augen öffnen sich und gucken mich an. Sie drückt meinen Finger und ich rede weiter mit ihr. Mama ist da oder sowas ähnliches habe ich gesagt. Wir legen auf und mein Freund ist auf dem Weg zu uns. Und ab da verschlechtert es sich zunehmend. Ich höre die Schwester die fragend die Ärztin anschaut und fragt ob sie, sie mir geben sollten.

Die Ärztin schaut mich an und sagt etwas was niemand in diesem Moment hören will... sie geht sagt sie. Sie ist dabei sich zu verabschieden.

Innerlich zerbreche ich, bleibe aber stark für mein Kind. Ich setze mich auf den Stuhl und schiebe ihn zurück, so dass ich liege.

Mieke wird mir mit all den ganzen Schläuchen auf die Brust gelegt. Um 2:50 ist sie gestorben, aber das erfahre ich erst später. Die Ärztin fragt ob sie die Geräte abschalten soll Mieke würde nur noch beatmet werden, sie wäre schon Hirntod, aber in diesem Moment, der so voller Schock war und die Situation noch nicht ganz begriffen, konnte ich es nicht entscheiden .Links und Rechts stehen Schwester und Ärztin und schauen mich an. Ich fühle mich wie betäubt und leer. Ich starre in den Raum und denke gar nichts. Mieke wird mit der Zeit immer kälter und ich streichle sie weiterhin und halte sie.

Die Schläuche lasse ich später ziehen und sehe das erste Mal ihr ganzes Gesicht. Ich warte mit ihr auf ihren Papa. Ich saß da fast zwei Stunden und habe es gar nicht gemerkt. Als ihr Papa dann da war fragt er nur „Was jetzt los?“ sieht uns und bricht zusammen. So habe ich ihn noch nie gesehen. Ich stehe auf damit er sich setzen kann und gebe ihm seine Tochter in den Arm. Was da jetzt passiert war, kam so schnell und plötzlich das wir uns überfahren fühlen wie von einem Zug. Wir machen mit

Schwester Jacky Abdrücke ihrer Füße und Hände, waschen sie danach. Ich ziehe ihr eine Windel an, das hatte ich mir wirklich anders vorgestellt.

Wir haben dann noch ein Arzt Gespräch und verstehen irgendwie was da grade passiert ist. Sie starb an einer schweren Darminfektion. Dann verlassen wir vorerst das Krankenhaus fix und fertig. Und das ist das zweite mal das ich weinend das Krankenhaus verlasse, weil unsere kleine Tochter starb. Die Sternenfotografin ist schon kontaktiert.

Die Zeit bis zum Termin mit ihr verbringen wir im Appartement. Wir versuchen zu verstehen warum und weshalb. Warum unser Kind? Ich mache mir Vorwürfe und suche die Schuld bei mir. Packen meine Sachen zusammen und bringen sie schon ins Auto. Fahren dann ins Krankenhaus und haben mit der Oberärztin ein Gespräch. Die Schwestern und Ärzte sind genauso traurig wie wir und auch da flossen Tränen. Sie kümmern sich um die Kinder wie ihre eigenen. Wenig später kommt Astrid unsere Sternenfotografin.

Die Bilder sind sehr schön geworden und bleiben für immer eine Erinnerung.

Wir kommen danach zuhause an und unsere Familien sind da um uns zu trösten um da zu sein und um zu verstehen. Aber das haben wir auch noch nicht. Es war alles gut und es kam alles so aus dem nichts. Keiner hatte damit gerechnet, nicht mal die Ärzte.

Jetzt wäre sie 6 Monate alt geworden und sie fehlt einfach unendlich. Es fällt mir manchmal schwer mich zu freuen oder fröhlich ein Lied mit zu singen. Ich wünschte ich könnte euch sagen, es wird alles wieder gut, aber das wird es nie wieder. Habe mit einigen gesprochen denen das gleiche passiert ist und sie sagen so ziemlich dasselbe und das sich der Schmerz verändern wird.

Zurückblickend muss ich sagen, dass ich jetzt so viel klarer auf alles Blicke. Der Schock ist überstanden und ich betrete die nächste Phase. Ich habe die Schuld bei mir gesucht, bei anderen. Ich wollte einfach eine Antwort darauf, warum mein Kind sterben musste. Oft war der Gedanke da, dass der nächste Baum meiner ist. Aber das wäre auch nicht die Lösung. Ich habe mich so sehr damit beschäftigt das ich fast verrückt geworden bin.

Durch unsere Hebamme haben wir Kontakt zu einer Traueramme aufgenommen und sind seitdem bei ihr.

Die Gespräche helfen und tun gut. Wir lernen jetzt unsere Trauer in den Alltag zu integrieren und Mieke aktiv in unser Leben einzubauen. Auch wenn sie nicht mehr da ist. Sie ist trotzdem immer bei uns und sie lebt in unserem Herzen weiter.

Ich drücke jeden von euch und wünsche euch nur das Beste.

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