Pheline Charlotta

Pheline Charlotta

Vor 5 Jahren haben wir erfahren, dass unsere Tochter nicht mehr lebt - in der 36. SSW, ohne Vorwarnung.

Auf dem Weg zum Frauenarzt ahnte ich es: Ich weiß noch, wie ich bereits unter der Dusche geweint habe, ich weiß noch, wie ich mit zitternden Knien in der Arztpraxis stand, wie die Herztöne gesucht wurden und der Arzt dann beim Ultraschall sagte: das Kind lebt nicht mehr.

Wir fuhren in die Klinik, die Hoffnung beim 2. Ultraschall, dass sich jemand geirrt haben könnte, aber dann die Gewissheit: leider hat sich keiner geirrt.

Weil wir es nicht besser wussten, blieben wir im Krankenhaus, die Geburt würde eingeleitet werden. Es war paradox: es gab einen Kaiserschnitttermin in 14 Tagen, da die kleine Maus in Beckenendlage lag. Ich wollte partout keinen Kaiserschnitt, doch jetzt empfand ich es noch viel grausamer, sie spontan auf die Welt bringen zu müssen (im Nachhinein alles richtig).

Die Eltern von meinem Mann kamen die 470 km her und auch meine Eltern. Keiner konnte das Unfassbare fassen. Insgesamt dauerte die Einleitung 5 Tage. 5 Tage des Wartens. Ich war gefangen in meinem Körper. Es fühlte sich an, als ob dieser versagt hatte, er hatte es nicht geschafft, die kleine Maus zu beschützen, zu versorgen. Alle starrten auf meinen dicken Bauch, in dem ein totes Baby schwamm. Von außen betrachtet sah ich aus wie jede andere Schwangere, aber das war ich nicht. Ich war verunsichert, kann ich meinen Bauch trotzdem noch streicheln, wie wird das Kind wohl aussehen, will ich es überhaupt sehen?

Ich bekam Broschüren über meine Rechte, wo man sich Hilfe holen kann. Alle waren sehr verständnisvoll, aber von „Dein Sternenkind“ habe ich nichts erfahren. Nach einer Akupunktur und Meditation fing dann ohne Medikamente die Geburt an. Ich hatte begriffen, dass es wohl Zeit ist, loszulassen und unser Mädchen in die Arme zu schließen. Ich hatte nochmal Kraft gesammelt für den schwierigsten Moment meines Lebens.

Die Geburt verlief ohne größere Komplikationen. Ich bekam eine PDA um es für mich erträglicher zu machen. Man bräuchte ja auf das Kind keine Rücksicht nehmen. Als es endlich geschafft war, legte man mir meine wunderschöne Tochter in die Arme. Genau in dem Moment kam die Sonne heraus und erhellte den Kreißsaal.
Ich war so gerührt, so überwältigt von dem Mädchen, es war der bis dato schönste Moment meines Lebens. Ich war stolz auf mich, stolz auf sie. Sie sah so wundervoll und friedlich aus. Sie fühlte sich so warm an, sie war ganz rosig, einzig der Schädel zeigte, dass der Kopf unter der Geburt etwas verformt war. Jeden Moment wartete ich darauf, dass sie vielleicht doch die Augen aufmachen würde‽
Aber nein, ich sah weder ihre Augen noch hörte ich ihre Stimme.

Sie bekam eine selbstgestrickt Mütze von ehrenamtlichen Strickerinnen an, und wurde in einen Weidenkorb gelegt. Leider blieb dieser wunderschöne Anblick nicht sehr lange. Je mehr Zeit verstrich, desto mehr veränderte sich ihre Farbe und ihr Körper wurde steifer. Wir nahmen sie mit aufs Zimmer.
Ich war unsicher: darf man einentoten Menschen fotografieren? Ist das pietätlos? Als Hobbyfotografin hatte ich meine Kamera da und machte verstohlen Fotos. Irgendwie schämte ich mich dafür. Wieder die Frage: darf ich einen leblosen Körper „schön“ arrangieren für ein Foto?
Erschöpft gab ich sie wieder ab. Aber ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie von mir so weit weg, im Dunklen lag. Und ich wollte nochmal Fotos machen. Da ich mich beim ersten Mal nicht richtig getraut habe.

Als ich sie mir wieder bringen ließ, war ihr Anblick schon wieder anders. Man sah, dass wirklich kein Leben mehr in ihr war und ich bereits schon da, die Zeit mit ihr nicht noch mehr nutzen konnte. Die Fotos die wir haben von ihr, geben mir Halt, zeigen mir nach 5 Jahren: ja es hat sie gegeben. Die Kleine, von der ich nicht sagen kann, was für eine Augenfarbe sie bekommen hätte, was ihr Lieblingsspielzeug war, wie ihre Stimme geklungen hätte, was für ein Mensch sie war oder geworden wäre.

Es gibt leider kein Foto von uns Dreien, nur eines, auf dem man sie nicht wirklich sieht. Die Fotos von mir sind schön, zeigen aber auch einfach schon den Status, in dem ihr das Leben aus dem Körper weicht.
Das schönste Bild haben wir von der Hebamme, die gleich ein Foto von ihr mit ihrer Kamera machte, als sie in meinem Arm lag. Ich liebe dieses eine Bild, auch wenn es ein sehr einfaches Bild ist.

Mir sind die Bilder das einzigste, was mir von ihr geblieben ist. Ich würde mir wünschen, uns hätte ein Fotograf begleitet, der den Zauber nach der Geburt eingefangen hätte. Ich hatte im Vorfeld so viel Angst vor diesem Moment, und ich hätte nicht gedacht, dass er so schön sein kann - trotz der ganzen Traurigkeit.
Ich hätte mir gewünscht, dass da jemand ist, der mir gezeigt hätte, habe keine Scheu, fasse dein Kind ruhig an, es ist natürlich.
Der mich ermutigt hätte, mich wie bei einem Babyshooting zu verhalten, um für einen winzigen Augenblick zu vergessen: es ist kein normales Shooting - um so einzigartige Bilder in den Händen als Erinnerung zu halten, die mir zeigen: ihr hattet ein ganz normales Kind.

Die Emotionen verblassen nicht, aber leider das Bild. Sie gehört zu unserer Familie mit nun 2 weiteren gesunden Kindern, aber ich möchte nicht, dass sie verschwindet.
Ich danke euch Fotografen für jedes Elternteil dem ihr helft, das Unfassbare fassbarer und unvergessen zu machen.

Immer kämpft man bei der Frage: wieviel Kinder man hat. Aber ihr helft dabei, dass das verstorbene Kind mitgezählt wird - denn schließlich hält man den Beweis in den Händen: ein Foto.

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