Wenn das Folgewunder auch zum Sternenkind wird

Wenn das Folgewunder auch zum Sternenkind wird



Die Familie hat einen 4-jährigen Sohn und einen Sohn, den sie vor 1 Jahr durch einen vorab diagnostizierten Gendefekt verloren haben. Das "Weitertragen" dieses Kindes hatte ihnen damals aber geholfen, sich 20 Wochen lang auf den Moment vorzubereiten. Nun wurde am Montag das "Folgewunder" geboren, welches - ohne vorherige Anzeichen - plötzlich an einer bakteriellen Infektion verstarb. Die Mutter sagte so schön: "Die Ärzte rennen mit Antibiotika einer Infektion hinter, wissen aber nicht, ob sie sie einholen. Leider haben sie es nicht geschafft, sodass gestern die Maschinen abgeschaltet wurde. Die Eltern haben das Kind mit nach Hause genommen und heute früh habe ich dann das Shooting gemacht.

"Eine Familie, die einen nach Außen hin so krass anderen Lebensentwurf hat als ich - und am Ende doch auf den gleichen Werten basiert. Ganz viel Liebe, Fürsorge, Emotion und Glücklichsein."

Es mag für den ein oder anderen verrückt klingen, aber dieser Vormittag hat mich emotional tief befriedigt.

Ich war fast 2,5h bei der Familie. Einer Familie, die sich wünscht, weitere betroffene Eltern aus dem Rhein-Main-Gebiet zu finden, um sich in der Trauergruppe austauschen zu können.



Wir saßen zusammen, das Mädchen, das gestern 1 Tag nach Ihrer Geburt durch eine Infektion gestorben war, lag auf dem Bett, die Eltern mit im Bett, ich saß davor.

Und wir haben uns ganz viel unterhalten.

Der "große" 4-jährige Sohn kommt immer wieder zu seinen Eltern und seiner Schwester - aber meistens nur kurz, in der Küche wartet die Freundin der Familie, die gestern extra mit dem Zug aus Berlin kam und sich um ihn kümmert.

Wir sitzen zusammen und reden. Über den Ablauf, den Weg der Familie, die Ängste der Vergangenheit und die Ängste der Zukunft.

Die Eltern streicheln ihre Tochter. Immer wieder. Ich mache Fotos. Manchmal weinen die Eltern auch. Dann reden wir wieder. Und ich fotografiere.

Vor gerade mal einem Jahr hatten sie ihren Sohn gehen lassen müssen. Das war aber anders, da konnten sie sich 20 Wochen darauf vorbereiten, konnten auch den Jungen mitnehmen, sich Hilfe nehmen.

Dieses Mal hat sie der Faustschlag des Schicksals aus dem Nichts erwischt. Als "Trauerprofis" wissen sie zwar nun, dass sie sich "Erinnerungen" schaffen müssen (meine Fotos sind da nur ein Teil davon), haben deshalb das Mädchen auch mit nach Hause genommen, aber, so die Mutter "wir haben Erfahrungswerte, die wir überhaupt nicht haben wollen". Und gerade weil sie wissen, wie Trauer funktioniert, wissen sie auch, dass sie ganz am Anfang stehen. Und noch verdammt viel Weg vor sich haben.

Während die Bilder nun von der Speicherkarte auf den Rechner laden, schreibe ich nun diesen Text. Mir geht es gut. Es ist nicht immer "hart". Es ist kein "Kampf gegen die Gefühle", gestorbene Kinder zu fotografieren. Es ist das Festhalten von unfassbar großer Liebe. Und das ist tief in einem drin ein unglaublich wertvolles, befriedigendes Gefühl.

(Wobei man natürlich wissen muss, worauf man sich einlässt und auch darauf gefasst sein muss, nicht immer solche Bedingungen vorzufinden - blauäugig sein hilft natürlich auch nicht, eine gute "Selbstschutz-Vorbereitung" ist immer wichtig).



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