„Nicht ohne den anderen“ Teil 1

„Nicht ohne den anderen“ Teil 1

„Nicht ohne den anderen“

Unsere Zwillinge Freya & Freyr, noch so kleine Füsse hinterlassen ganz tiefe Spuren der Erinnerung mit ganz viel Liebe.

Unsere Geschichte nahm am 02.11.2020 ihren Lauf.


Es war Montag, eine neue Woche begann und ich freute mich tierisch auf diesen Tag denn es hiess „Baby TV“ und Feindiagnostik. Mein Partner ärgerte sich tierisch, das er es wieder nicht erleben würde und ich versprach ihm, das ich wieder eine DVD mitbringe wo er seine Mäuse sehen kann.

Wir schafften unseren kleinsten in die Schule am morgen und wollten dann gemeinsam frühstücken um in die neue Woche zu starten, da mein Partner auch Spätschicht gehabt hätte an diesem Tag und wir beide wollten noch ein wenig Zeit miteinander verbringen und die Woche durchplanen.

Ich machte uns einen Kaffee und wir setzen uns auf die Couch und schauten unseren neuen Status der neuen Schwangerschaftswoche an, denn ich hatte Wochenwechsel immer zum Montag.

Plötzlich bemerkte ich ein ungutes Gefühl und ein starkes Stechen im Bauch und dachte ich müsste einfach nur mal auf die Toilette. Dann kam der Schock. Es Platschte, überall Fruchtwasser, sehr viel.

Ich wusste genau was passiert war und doch wollte ich dieser „Sauerrei“ erst noch beseitigen, bevor ich meinen Partner rufte. Trotz Schmerzen suchte ich mir ein grosses Handtuch und fing an den Boden zu säubern, danach klemmte ich mir das Handtuch zwischen die Beine und lief auf dem Bad zu meinem Partner und sagte „ich hatte einen Blasensprung du kannst den RTW rufen“.

Ich lief zurück ins Bad um zu schauen ob ich alles gesäubert hatte, da mir das sehr unangenehm war. Die Schmerzen waren jedoch so schlimm das ich mich auf den Boden kniete.

Mein Partner rief den RTW und kam dann zu mir ins Bad. Was er sagte weiss ich nicht mehr, es ist wie ein Filmriss.

Ich legte mich auf die Couch und der Notarzt war dann auch schon da. Was dann passierte, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Die einzige Erinnerungen war dann aus dem RTW.

Tränen flossen über meine Wangen, ich habe geschrien. Ich wollte nicht ohne meinen Partner, doch leider war es nicht anders möglich – durch Corona. Der RTW fuhr in die Klinik und ich weiss das an diesem Tag kein gutes Wetter war. Es regnete. Durch die Scheibe aus dem RTW konnte ich die Bäume sehen die an uns vorbeizogen.

Mir ging es zunehmend schlechter, ich kam aus dem Weinen nicht mehr heraus und der nette Sanitäter im RTW versuchte mich zu beruhigen, doch das half alles nichts.

In der Uniklinik Dresden angekommen wurde ich sofort untersucht und ich weiss heute noch was man mir sagte. Die Ärztin, eine von ganz vielen welche ich in den nächsten Wochen kennenlernte, hatte keinerlei sanften Worte übrig für das was passierte und was noch kommen sollte.

„Frau D. Sie wissen das es zu früh ist und das Kind leider keine Chance hat, wir können jetzt nur abwarten, mehr kann ich Ihnen nicht sagen, es tut mir leid“!

Man schob mich auf den Flur wo ich nun warten musste, bevor ich auf Station durfte. Dabei bemerkte ich das ich klatsch nass vom Fruchtwasser war und das Handtuch, was ich mir zwischen die Beine klemmte immer noch da ist. Ich bat eine Schwester, die an mir vorbei lief, mir doch bitte eine paar Tücher zu bringen um mich wenigstens etwas trocken machen zu können.

Dann ging es auf Station. Isolationszimmer, denn bevor der Coronatest nicht gemacht wurde könne ich nicht in das eigentliche Zimmer. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht das ich an diesem Tag keinen Arzt mehr zu Gesicht bekommen würde um zu erfahren was eigentlich los ist und wie es nun weiter geht.

Mein Partner kam kurze Zeit später und brachte mir ein paar Sachen, doch zu mir durfte er nicht. Ab diesem Moment hiess es nur noch Kontakt über das Handy und Videotelefonie mit den Kindern die genau wie mein Mann nun zu Hause warteten.

An diesem Abend schrieb ich mit einer Bekannten, die freie Hebamme ist über das was passiert war und sie gab mir den Rat mich an „Dein Sternenkind“ zu wenden. Ich zögerte nicht lange und schaute mich auf der Internet Seite um und meldete mich an, ohne zu wissen was eigentlich passieren sollte, doch mein Instinkt sagte mir, ich sollte vorbereitet sein.

Es dauerte nicht lang und Jana Maiwald meldete sich bei mir. Sie teilte mir mit das Sie für mich da ist und man die Zeiten abdecken kann, ich könne mich jederzeit melden.

Das wir Ihre Hilfe 5 Tage später benötigten wusste da noch keiner...

Am nächsten Morgen traf ich zur Visite endlich auf Ärzte, doch schlauer wurde ich nicht. Im Gegenteil, meine Wut war gross das ich meinen Partner, der Vater unserer Kinder nicht mit einbezogen wurde und so machte ich meinem Frust freien Lauf und sagte klar und deutlich:


„Das geht so nicht, mein Partner gehört mit dazu und ich werde ohne Ihn keinerlei Entscheidungen treffen.“

Mit grossen Augen sahen mich die Ärzte an und versprachen einen Termin bei dem zuständigen Professor auszumachen wo mein Partner dabei sein dürfte. Nachdem ich wusste wie der Professor hiess, schmiess ich die Suchmaschiene an. Er wird in die höchsten Töne gelobt und als „Retter der Frühchen“ bezeichnet. Zu diesem Moment hatte ich ein gutes Gefühl mich in den richtigen Händen zu befinden. Einen Tag später fand das Gespräch statt. Mein Mann war dabei.

Uns klärte man über alle Eventualitäten auf sowie über alle Möglichkeiten die es gibt, auch über einen medizinischen Abbruch. Ich weiss noch genau das ich total schockiert über diese Möglichkeit eines Abbruches war und war ein wenig ausser mir. Dies wäre für mich niemals in Frage gekommen und auch niemals für meinen Mann.

Doch ein Satz blieb im Kopf hängen: „sollte Ihr Leben auf dem Spiel stehen, dann haben Sie Priorität und nicht die Kinder, dann müssen wir Ihr Leben retten“.

Keiner von uns hätte zu diesem Zeitpunkt auch nur einen Gedanken verschwendet, das dies eintreten würde.

Wir haben uns gemeinsam mit dem Professor darauf geeinigt das die Natur entscheiden soll was passiert und wenn wir einen der Mäuse verlieren würden, der Fokus auf dem 2. Kind liegen soll und man alles für das Kind tun möge, soweit dies möglich ist.

Gemeinsam verliessen wir den Raum des Professors und mein Mann schob mich im Rollstuhl an die frische Luft. Das musste man erstmal verdauen.

Trotz Angst hatten wir dennoch die Hoffnung und ich versprach meinem Mann das ich nicht aufgebe und kämpfe. „Unsere Mäuse sind stark“, sagte ich ihm unter Tränen und gab ihm einen Kuss auf seine Stirn.

Mir ging es gut, ich merkte beide Mäuse sehr aktiv in meinem Bauch und erzählte mit Beiden ganz viel. Ich streichelte meinen Bauch und sagte immer: „Ihr schafft das, Ihr seit stark, ich glaube an euch“

Doch dann..

nach einer nicht so tollen Nacht und mit unerklärlichen Bauchschmerzen bemerkte ich das irgendetwas nicht stimmte. Ich hatte keinerlei Hunger und hatte ein Druckgefühl auf dem Bauch.

Die Putzfrau war gerade fertig mit meinem Zimmer und ich musste dringend aufs Toilette.

Grünes Fruchtwasser!

Sofort drückte ich die Notklingel und schleppte mich zurück in mein Bett und rief meinen Mann unter Tränen an, das er bitte kommen möchte, ich glaube unsere Maus kommt. (8.27uhr)

Die Schwester kam rein und fragte mich was los sei. Ich konnte nicht viel Antworten denn ich hatte Schmerzen, heute weiss ich das es bereits die Wehen waren. Sie schaute mich an und sagte mir:

„Frau D. es tut mir leid, wir bringen sie sofort in den Kreißsaal“.

Ich bekam den totalen Schrei und Weinanfall und betete das mein Mann es noch rechtzeitig schaffen würde.

Im Kreißsaal angekommen stellte sich die Hebamme vor die ab sofort nun für mich zuständig wäre.

Sie verliess jedoch den Raum und liess mich allein. Ich sagte ihr das mein Mann bereits informiert und unterwegs ist.

Nun lag ich da, im Kreißsaal, wo ich eigentlich meine Kinder unter anderen Umständen zur Welt bringen wollte.


Die Wehen wurden immer intensiver und ich bekam Angst.

Plötzlich ging die Tür auf und mein Mann schaute mich an. Gott sei dank, dachte ich, endlich ist er da.

Er zitterte am ganzen Körper und gab mir einen Kuss auf die Stirn und sagte mir „Ich Liebe Dich“.

Meine Welt stand still, unsere Welt stand still.

Er lag mit seinem Kopf an meinem und streichelte mich ganz sanft.

Ich schaute aus dem Fenster auf die Strasse und bemerkte das wunderschönes Wetter war und die Sonne schien.

„Wir verlieren unser Kind und die Sonne scheint? Warum weint der Himmel nicht mit Uns? Warum schenkt man Uns 2 Kinder wenn man uns eines wieder weg nimmt? Der Himmel soll warten“

Das waren meine Gedanken in diesem Moment.

Jetzt setzte ich die Nachricht ab an Jana Maiwald, vor der ich solche Angst hatte. (9.35Uhr)

Mein Mann und ich waren uns einig das wir Erinnerungsfotos von unserer Tochter möchten, nur hoffte ich das Jana jetzt so kurzfristig auch Zeit hätte. Jana antwortete prompt und sagte mir das ab 14uhr ihr Kollege bereit stehen würde. Um 11.52Uhr schrieb ich Jana: „Das Mädchen ist bereits geboren. Still.“ Sie antwortete mit viel Gefühl, Sie sei in Gedanken fest bei Uns. Unser Fotograf für Freya heisst Stefan und wird zu uns kommen. Wir hatten keine Vorstellung auf wen wir treffen werden, und mit wem wir diesen emotionalen Moment teilen werden.

Die Hebamme kam herein und brachte mir etwas zu trinken und untersuchte mich noch einmal. Dabei sagte Sie, das die Fruchtblase bereits ein Stück draussen ist und es nicht mehr lange dauern würde. Ich sah die Unsicherheit meines Mannes und gleichzeitig auch die völlige Leere in ihm.

Es tat mir so weh, das ich ihn in den Arm nahm. Wir redeten nicht viel, wir schauten uns nur an und wussten trotz der Stille was der andere fühlt.

Minuten vergingen und plötzlich musste ich niesen. Jetzt wusste ich das unsere Tochter geboren war. 07.11.2020 um 10.30Uhr.

Wir sind Eltern geworden!

Ich konnte unsere Tochter Freya nicht sehen, doch ich spürte Sie. Die Fruchtblase lag so nah bei mir das ich unsere Maus noch gespürt habe. Die Hebamme schnitt die Nabelschnur durch.

Sie fragte uns wie unsere Tochter heissen soll und beide haben wir gleichzeitig „Freya“ geantwortet.

Freya war ein absoluter Wunschnahme von Uns beiden und Wir waren stolz auf diesen besonderen Namen.

Sie nahm Freya kurzzeitig mit um Sie in eine Decke einzuwickeln und um die Geburtskarte mit Ihren Fussabdrücken zu gestalten. Im gleichen Moment sagte ich unserer Hebamme, das ich das Team von Dein Sternenkind bereits informiert habe und ein Fotograf zu uns kommt.

Die Reaktion von Ihr war skeptisch. Sie fragte mich ob die Klinik den Anruf getätigt hat oder ich selbst. Ich erklärte Ihr dann, das ich dies im Vorfeld schon erledigt habe und wir dies gern möchten.

Im gleichen Atemzug kam eine Ärztin hinzu. Sie machte einen Ultraschall um zu wissen ob sich die Gebärmutter zurück zog. Das tat sie.

Danach musste ich mich auf das Geburtsbett, umgebaut zum Gyn-Stuh legen, um alles weitere über mich ergehen zu lassen.

Mein Mann sass neben mir mit unserer Tochter im Arm. Ich hatte keine grosse Zeit mir meine Tochter anzuschauen oder gar in Ruhe Abschied zu nehmen, denn die Zeit drängte, da die Ärztin die Nabelschnur abbinden musste, jedoch so, das sie innerlich am Muttermund platziert ist um unserem Jungen noch Zeit geben zu können.

Es waren Schmerzen die ich über mich ergehen lassen musste für die es keine Worte gab.

Doch mein Mann sass neben mir und ich sah ihm an wie er mit mir gelitten hat, er bemerkte genau wie es mir ging, was für höllische Schmerzen dies waren.

Ich wollte nicht das er mich so leiden sieht, ich wollte nicht das er mich weinen sieht, ich wollte nicht das er meine Schreie hört, also hielt ich inne und nahm alle Kraft zusammen um stark zu sein, so gut ich konnte.

Als die Ärztin fertig war durfte ich zurück auf mein Bett und endlich meine Tochter in den Arm nehmen. Sie war wunderschön. Ich griff die Hand meines Mannes und Wir weinten und weinten.

„Sie hat dein Grübchen“, sagte mein Mann zu mir. Und er hatte recht. Wir schmunzelten und betrachteten unsere Tochter weiterhin ganz genau.

Wir waren verliebt und konnten die Augen nicht von Ihr lassen.

Die Tür vom Kreißsaal ging auf und die Hebamme kam mit dem Fotografen Stefan Heines.

Die Hebamme liess uns mit Stefan allein um uns die nötige Zeit zu geben.

Stefan stellte sich uns vor, es war gleich eine Sympathie vorhanden. Er war sehr herzlich.

Nach einer kurzen Unterhaltung fragte er uns nach dem Namen unserer Tochter, wir sagten „Freya“. Stefan schmunzelte und sagte: „Was für ein toller Name, ein Göttlicher“.

Stefan zog seine Jacke aus und schob seine Ärmel hoch und zeigte uns seine Tattoos. Seine Tattoos hatten die selbe Geschichte über die Herkunft des Namens unserer Tochter. Nun wussten wir auch warum die Chemie einfach stimmte. Wir fühlten uns sehr wohl bei ihm und es war wie vertraut.

Er fragte Uns nach unseren Wünschen bezüglich der Fotos. Doch wir hatten nur einen: ein Bild zu 3. Dies erfüllte er Uns.

Wir waren sehr froh über die fotografische Begleitung von Stefan und bereuen nichts.

Im Gegenteil, wir sind sehr dankbar für diese wundervollen Fotos .

Wir hatten nur ein paar Stunden mit unserer Tochter und dann mussten wir uns verabschieden von Ihr und von Uns, denn ich musste wieder auf Station , auf die mein Mann nicht mit durfte.

Der Abschied tat weh, keiner wollte ohne den anderen sein. Wir weinten bitterlich.

Jetzt war jeder auf sich allein gestellt und allein mit dieser Situation, obwohl wir gerade Eltern geworden waren und gleichzeitig unsere Tochter verloren hatten.

Wir haben die Welt nicht mehr verstanden.

Unsere Welt stand still.

Alle Hoffnung lagen nun auf ihren Bruder, Unser kleiner grosser Kämpfer,

Mein Mann wich mir in dieser Zeit nicht von der Seite, er war immer da, trotzdem es ihm auch schlecht ging, denn auch er hatte seine Tochter verloren. Ich habe allen Respekt vor meinem Mann.

Er war selbst verzweifelt und sah seine Frau am Ende ihrer Kräfte. Er war stark obwohl er selbst schwach war.

„ICH BIN RIESSIG ABER DU VIEL GRÖSSER ALS ICH, ALLES JETZT ALLES WICHTIG, ABER WICHTIGER ALS DU IST MIR NICHTS. MEIN ZU HAUSE IST KEIN ORT, DAS BIST DU!“

Gedanken am 07.11.2020 um 23.11Uhr

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