Ein Sternchen braucht dich...

Ein Sternchen braucht dich...

... so steht es oft im Alarm, den unsere Fotografen bekommen.


Montag, der Beginn einer neuen Arbeitswoche. Der erste Blick, wie jeden Morgen, aufs Handy, schauen, wieviele Mails zu beantworten sind, der erste zaghafte Blick in die Social Media Accounts, kurze Überprüfung, ob über Nacht ein Alarm von mir überhört wurde.

Jap, es wurde, mein Tiefschlaf hatte wieder mal zugeschlagen.

Der Kollege in der Alarm- und Koordinationsgruppe ist sarkastisch pingelig und „rügt“ eine Kollegin, den Alarm nicht pünktlich um 07.00 abgesetzt zu haben, habe er nun schon erledigt. Anmerkung der Kollegin: "Es war zu dem Zeitpunkt 7:04 Uhr"

Mein Blick auf die Uhr: 8.30.

Bereits zwei Alarme an zwei Alarmgruppen abgesetzt, einmal der Status „grün“, der hat gerade im Forum geschrieben, sie könne nicht, hätte ein zu kleines Zeitfenster, zu wenig Zeit mit 2 Stunden An- und Abfahrt.

8.31: Meine gestrige Kundin, eine liebe Kizombatänzerin, die in Wien eine Kollegin und mich im Studio zu einem Shooting besucht hatte, fährt heute weiter Richtung Urlaub, Richtung Salzburger Land. Ein kurzer Anruf später, in dem ich ihr die Situation geschildert hatte, brachte das Einverständnis, früher als geplant zu fahren und mich beim Krankenhaus in Bad Ischl abzusetzen, wenn sich innerhalb der nächsten halbe Stunde kein näherer Fotograf sich melden würde. Ein erster Anruf in der Klinik, wir sind am Fall dran, die kleine S. wird heute sicher noch fotografiert werden. Am anderen Ende der Leitung der Vorschlag, S. zu kühlen, bis ein DSK Fotograf da sei.

Bei Sternenkindern altert die Haut schneller, je früher sie geboren werden. Ohne eine entsprechende Kühlung verändert sich die Haut noch schneller. Das ist einer der Gründe, warum gleich nach der Geburt Eile geboten ist.

8.45: Ich schreib ins Forum, dass ich übernehme, meine Kundin versprach mir, um 10.00 Uhr bei mir zu sein, nach einem kurzen Abstecher zu einem der wenigen europäischen „Dealer“ für Pasteis de Nata in Wien (ich hätte ihr gleich sagen sollen, mir auch einen Six Pack mitzunehmen). Nochmals kurz die betreuende Krankenschwester angerufen und ihr mitgeteilt, ich wäre bis ca. 13.00 Uhr im Krankenhaus.

10.00: Die Ersatzakkus teilweise geladen, ein voller Akku in der Hauptkamera, ein halbgeladener in der Backup Kamera, alle lichtstarken Objektive eingepackt, die Kameras mit je 2 Speicherkarten ausgestattet, eine zusätzliche Sicherheit, dass die Bilder ja gespeichert werden, auch wenn eine

Speicherkarte einen Defekt haben sollte. Die Kollegin ist gerade erst beim „Dealer ihres Vertrauens“ fertig, in einer halben Stunde bei mir. Noch schnell die Getränke für die Fahrt gekauft, damit wir durchfahren können.

13.45: Eine kurzweilige Fahrt von drei Stunden, nur unterbrochen von zwei kurzen „WC“ Pausen und einem Telefonat mit der betreuenden Krankenschwester mit der Mitteilung der neuen Ankunftszeit, später die Ankunft beim Krankenhaus, kurz den Portier nach dem Weg gefragt, empfängt mich Schwester Carmen mit einem Lächeln am Stationsempfang.

Wir klären kurz ob, wo die Fotos gemacht werden, eine andere Schwester führt mich in einen, durch die Tageszeit, lichtdurchfluteten Raum: beste Bedingungen. Spartanisch eingerichtet wie jedes Krankenzimmer, das ich bislang kennen lernen durfte. Carmen kommt mit S. im Arm, S. ist eingewickelt, in Kleidern, extra genäht von ehrenamtlichen Näherinnen, damit Sternenkinder nicht nackt sich auf den Weg zu den Sternen machen müssen.

Die Augen geschlossen, die Händ- und Füßchen einfach nur winzig klein, es ist fast so, als würde ein kleines Lächeln auf ihren Lippen liegen.

Carmen assistiert mir, wir verschieben das Bett, ich kann mich frei bewegen. Portraits wechseln sich ab mit Detailaufnahmen der Hände und Füße, aus unterschiedlichen Perspektiven. Carmen kümmert sich rührend um den kleinen Engel. Nach einer halben Stunde bin ich fertig, S. hat ihr erstes und letztes Fotoshooting gehabt.

Ich verabschiede mich von Carmen, nehme ein Taxi Richtung Bahnhof und lass mir vom Fahrer ein Restaurant empfehlen. Erste Nahrungsaufnahme an diesem Tag. Etwas später zum Platzen voll, ein kurzer Spaziergang zum Bahnhof, das Ticket gekauft, Businessclass, damit ich in Ruhe arbeiten kann (auch wenn ich später merken werde, das die erste Klasse um einiges bequemer zu arbeiten ist, mein Bäuchlein lässt grüßen).

Aber es ist noch Zeit, Zeit bis der erste Zug abfährt, einmal werde ich umsteigen. Ich setze mich ins kleine Café, drehe den Bildschirm so, dass mir niemand reinschauen kann, überspiele die Dateien von der Speicherkarte auf den Laptop. Einen Cappuccino und ein Lattella Mango später, ist die Auswahl der Fotos getroffen, es ist Zeit, zum Bahnsteig zu gehen.

Im Zug hol ich den Laptop wieder heraus, um mich herum Kinder mit ihren Eltern, ich arbeite nicht weiter an den Fotos, das kann ich im nächsten Zug auch, ich fange an, meine Gedanken zu diesem Einsatz niederzuschreiben.

Attnang-Puchheim, es ist kurz vor 18.00 Uhr, der Umstieg erfolgt problemlos, 2 Zigaretten und der Railjet nach Wien ist da. Der Laptop ist schnell wieder aktiv, ich konvertiere die Fotos in Schwarz/Weiss, wandle die Fotos in eine druckbare und eine internetfähige Auflösung um.

Juhuu, ich habe die ganze Zeit Verbindung und das 60 MB große File braucht nur 10 Minuten zum Upload, ich öffnen erneut den Bericht und schreibe ihn zu Ende. Bevor ich ihn nochmals kontrolliere, geht das Mail an die Eltern, in denen ich ihnen den Speicherort der Fotos mitteile, raus. Neben mir eine heiße Tasse Earl Grey, Ankunft laut Fahrplan in Wien um 20.05, bis ich wieder im Studio bin, wird es 21.00 Uhr sein.

Mein Auftrag für heute ist erledigt, die schnellstmögliche Auslieferung der Fotos eines kleinen Engels an ihre Eltern, auch wenn sie sich erst in einem Jahr entscheiden sollten, dass sie bereit dafür sind, sich die Fotos anzusehen. Aber sie sind gemacht. S. ist verewigt, festgehalten, um Erinnerungen aufzufrischen, sobald die eigenen verblassen.


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